Haushaltsrede
zum Haushalt
der Stadt Korschenbroich 2023
Sitzung des Rates
der Stadt Korschenbroich am 9. Februar 2023
Thomas Siegers
(Vorsitzender der CDU-Fraktion)
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
„2022 war ein grandioses Jahr. Das bisher Beste in meinem Leben!“
Zu diesem Fazit werden viele Menschen kommen.
Eltern, die die Geburt eines Kindes erleben durften, Liebespaare, die geheiratet
haben, oder
Menschen, die eine schwere Krankheit überstanden haben.
In einer Zeit wo Pandemie, Klimawandel, Energiekrise, Inflation und vor allem Krieg
die Nachrichten beherrschen,
hört man aber immer wieder wie schlecht doch das vergangene Jahr war und wie
düster die Aussichten für die Zukunft sind.
Was ich damit sagen möchte: Es hängt immer vom Auge des Betrachters ab!
Es ist in erster Linie das persönliche Erleben, dass jeden Einzelnen von uns
entscheiden lässt, ob die Zeit eine Gute oder eine Schlechte ist.
Und das bestimmt auch ein Stück weit unsere Arbeit in der Kommunalpolitik, denn es
interessiert viele Bürgerinnen und Bürger eher wenig, was wir hier machen und
entscheiden.
Das mag man ernüchternd finden, Kommunalpolitik rückt aber überwiegend erst in
den Fokus der Menschen, wenn eine persönliche Betroffenheit gegeben ist.
Und doch, auch wenn unsere Arbeit eher wenig wahrgenommen wird, haben wir eine
wichtige Aufgabe.
Denn wir entscheiden ein Stück weit mit, über das zukünftige Leben der Menschen,
die hier wohnen.
Wir müssen die Voraussetzungen schaffen, damit sie sich hier in Korschenbroich
wohlfühlen können.
Übrigens ist ein Engagement in der Kommunalpolitik heutzutage ja bei weitem nicht
mehr selbstverständlich. Deshalb hat jede und jeder Einzelne meine Anerkennung,
für ihr und sein Engagement, unabhängig davon, welche politische Meinung sie oder
er hier vertritt.
Wir können – und das ist der Kern meiner Einleitung – uns über schwierige
Rahmenbedingungen beklagen, aber ändern können wir sie letztlich nicht und
müssen damit umgehen.
Es reicht auch nicht, dass wir uns nur um die Dinge kümmern, die die Menschen
gerade bewegen und sie erst dann aufgreifen.
Wir müssen unsere Politik vorausschauend anlegen.
Was heißt das konkret mit Blick auf die Situation in Korschenbroich?
Wir haben in den vergangenen Jahren etwas sehr Gutes in Korschenbroich bewirkt.
Die Haushaltskonsolidierung der letzten Jahre kann man ohne Übertreibung als
Erfolgsgeschichte beschreiben.
Die Ziele des Stärkungspaktes Stadtfinanzen, was vorher kaum möglich schien,
haben wir alle erreicht. Wir liegen mit den Haushaltsergebnissen regelmäßig besser
als geplant, seit 2017 haben wir regelmäßig Haushaltsüberschüsse erwirtschaftet
und die Schuldenlast im Zeitraum von 2013 bis 2021 um fast 27 Mio. € und damit um
ein Drittel reduziert.
Das Ganze ist uns nicht in den Schoß gefallen, sondern das Ergebnis guter Arbeit
von Politik und Verwaltung.
Und jetzt müssen wir beides mal übereinander legen: Erfolgreiche Politik der
vergangenen Jahre und schwierige Rahmenbedingungen in der aktuellen Zeit.
Was bedeutet das für unseren Weg?
Zeitenwende auch in Korschenbroich? Ja und Nein.
Ja, weil wir die Haushaltskonsolidierung der letzten Jahre nicht in dem Maße werden
fortführen können und weil wir einige große Herausforderungen zu bewältigen
haben.
Nein, weil wir auch weiter wichtige Projekte vorantreiben werden und für unsere
Stadt mehr erreichen möchten als das Notwendige, damit sie für die Menschen, die
hier wohnen lebenswert bleibt.
Aber der Reihe nach:
Wir müssen den Bürgerinnen und Bürgern weiter ehrlich gegenübertreten, auch
wenn Nachrichten mal nicht positiv sind.
Für das laufende Jahr und vermutlich für die kommenden Jahre werden wir nicht mit
Haushaltsüberschüssen rechnen können.
Wir werden auch den Schuldenabbau nicht fortsetzen können, was umso
problematischer wird, da auch die Zinsbelastung aufgrund der wieder steigenden
Zinsen deutlich höher werden wird.
Es hätte deshalb gute Gründe gegeben, in diesem Jahr die kommunalen Steuern zu
erhöhen, insbesondere wenn man berücksichtigt, dass sich zum Beispiel die
Grundsteuer ja nicht an die Inflationsentwicklung anpasst.
Zu einer umsichtigen Politik gehört aber auch, mal Nachteile in Kauf zu nehmen, um
die Bürgerschaft, die ja fast überall Kostensteigerungen zu tragen hat, nicht noch
mehr zu belasten.
Und das heißt dann als eine bewusste politische Entscheidung Haushaltsdefizite zu
ertragen.
Haushaltskonsolidierung kann jetzt nicht an erster Stelle stehen, trotzdem – und das
Wort steckt ja in Konsolidierung drin, muss die Haushaltspolitik nach wie vor solide
sein.
Wir müssen vermeiden, dass wir in den kommenden Jahren in die
Haushaltssicherung abrutschen, denn das schränkt unsere Spielräume erheblich ein.
Das ist eine große Herausforderung, wäre aber nicht die Erste, die uns gelingt zu
meistern.
Steuererhöhungen und das müssen wir offen einräumen, sind jetzt erstmal nur
aufgeschoben und ich glaube, dass wir bei gleichen Rahmenbedingungen im
Haushalt 2024 die Hebesätze in einem vertretbaren Maße werden anpassen
müssen.
Was mich übrigens beim Thema Steuern optimistisch stimmt und die Struktur
unseres Haushaltes in den letzten Jahren verbessert hat, ist die Entwicklung der
Gewerbesteuern.
Der deutliche Zuwachs der vergangenen Jahre ist das Resultat einer stringenten
Wirtschaftspolitik basierend auf Förderung und Unterstützung der heimischen
Wirtschaft und kontinuierlichem Ausbau einer kleinteiligen Struktur in den
vorhandenen Gewerbeflächen.
Die Stadt Korschenbroich dürfte mit ziemlicher Gewissheit die rote Laterne bei den
Gewerbesteuereinnahmen pro Kopf im Rhein-Kreis Neuss abgegeben haben und
nun mindestens im Mittelfeld liegen. Vielleicht gibt es hierzu ja Vergleichszahlen, die
man im Hauptausschuss mal vorlegen kann.
Es bestätigt auf jeden Fall, dass sich hier in Korschenbroich mehr tut, als ein Abbild
des allgemeinen Trends.
Das Ergebnis guter Wirtschaftspolitik.
Und diese Entwicklung ist natürlich eine wichtige Voraussetzung, um überhaupt
ausreichend auf die Herausforderungen unserer Zeit reagieren zu können. Und
davon haben wir genug, was eben auch für eine Zeitenwende spricht:
Folgen der Pandemie, Auswirkungen des Krieges, Energiekrise, Inflation und
Klimawandel sind die Schlagworte dafür und erfordern es, dass vom Privathaushalt
bis zur Bundesregierung – und irgendwo mittendrin stehen auch wir als Kommune,
alle bereit sind, auch neue Wege zu gehen um Lösungen zu finden.
Das gelingt uns als Kommune bisher sehr gut und dennoch möchte ich explizit auf
eine Sache eingehen, die nicht nur ich sehr beängstigend finde.
Im Schatten des Krieges in der Ukraine hat sich fast unbemerkt die
Flüchtlingssituation wieder dramatisch zugespitzt, und zwar nicht getrieben durch
Flüchtlinge aus der Ukraine. Es ist aber auch unerheblich, woher Menschen
kommen, die bei uns Zuflucht suchen, sondern selbstverständlich, dass wir uns um
diejenigen, die in Not sind, kümmern.
Fatal ist aber, dass Bund und Länder das Problem anscheinend wegignorieren und
einzig auf den Kommunen abladen. Leider zeigen auch die Medien bisher wenig
Interesse, den Finger in die Wunde zu legen. Es ist ja auch interessanter über eine
Wortwahl des CDU-Vorsitzenden zu diskutieren, als das eigentliche Problem
anzugehen.
Im Ergebnis ist der Zustrom an Flüchtlingen ungebremst und auch wir in
Korschenbroich kommen kaum noch nach, Unterkünfte bereitzustellen, die Belegung
von Notunterkünften ist die Folge.
Die Verwaltung tut alles in ihren Möglichkeiten stehende, um die Situation im Griff zu
behalten und sie kann sich dabei auch unserer vollen Rückendeckung sicher sein.
Es darf nicht passieren, dass die Akzeptanz in der Bevölkerung, diese
Herausforderung zu bewältigen, verloren geht. Deshalb müssen wir reagieren und
Maßnahmen zügig auf den Weg bringen, die weitere Unterbringungskapazitäten
schaffen und uns in die Lage versetzen – ich bezweifle, dass das ganz kurzfristig
möglich sein wird – die Notunterkünfte wieder ihrer eigentlichen Bestimmung
zuzuführen.
Den entsprechenden Beschluss haben wir auf den Weg gebracht. Das Thema wird
uns aber noch weiter begleiten.
Apropos begleiten, da war doch was:
Haushaltsbegleitbeschluss als Antrag von Bündnis 90/Die Grünen.
Ihr Ernst? Natürlich.
Sie haben sich ja auch viel Mühe damit gegeben, dass muss man Ihnen lassen.
Deshalb wäre es jetzt auch nicht gerechtfertigt, dass alles als Unsinn abzutun. Das
mache ich auch nicht und man sollte sich schon inhaltlich damit auseinandersetzen.
Aber genau deshalb ist es in dieser Form und an dieser Stelle deplatziert.
Was sie hier vorlegen wirkt wie ein Wahlprogramm, ein recht schwaches dazu.
Die Einzelthemen gehören wenn überhaupt in die Fachausschüsse und haben nichts
bei den Haushaltsberatungen verloren.
Vielleicht müssen sie einfach mal in den Ausschüssen konstruktiver mitarbeiten und
ihre Ideen frühzeitiger vorlegen, nicht erst dann, wenn wir schon Konzepte aufgestellt
haben, wenn es einen Zeitplan gibt und wenn Dinge bereits umgesetzt werden und
auch funktionieren.
Abgesehen davon wäre ein bisschen mehr Realitätssinn von Vorteil.
Vieles zielt darauf ab persönliche Freiheit und Selbstverantwortung einzuschränken.
Und man muss sich fragen: Woher sollen die Kapazitäten kommen, um das alles in
der vorgegebenen Zeit umzusetzen? Passend zum bevorstehenden Karneval fällt
mir da auch noch ein Lied ein: Wer soll das bezahlen?
Okay, zurück in die Realität:
Was erwarten die Menschen von uns?
Ja, sie erwarten, dass wir die bereits genannten Herausforderungen unserer Zeit da
bewältigen, wo es Aufgabe der Kommune ist. Sie erwarten sicher auch, dass wir uns
um ausreichend Kapazitäten in Kindergärten und Schulen kümmern, um eine gute
Ausstattung der Feuerwehr, dass wir unser Klimaschutzkonzept umsetzen. Und sie
können das auch erwarten. Das sind Pflichtaufgaben, die wir erfüllen müssen und
werden.
Aber – und in dem Punkt ist es dann eben doch keine Zeitenwende: Wir wollen – und
zwar nicht trotz – sondern gerade wegen dieser herausfordernden Zeiten noch mehr
erreichen.
Wir müssen der Bürgerschaft das Gefühl geben, dass wir Korschenbroich so
gestalten, dass das Leben hier besser und einfacher wird.
Dazu gehört Weitsicht, die Bereitschaft Neues anzugehen und auch mal Risiken
einzugehen.
Eine gut aufgestellte und ausgestattete Verwaltung ist dafür ein wichtiger Baustein.
Die Bewahrung der öffentlichen Sicherheit gehört dazu, so frühzeitig, noch bevor
Situationen eskalieren.
Es gehört dazu, dass wir in die Straßensanierung einsteigen und dass wir auch
weiterhin wie in den vergangenen Jahren in Sport- und Freizeiteinrichtungen
investieren, damit wir weitere Aufenthaltsplätze schaffen für Senioren, für Familien,
für Kinder und Jugendliche.
Dazu gehört, dass wir Projekte zu Ende führen und unser Wort halten, auch wenn es
manchmal kompliziert ist. So, wie es bei den Außenanlagen unseres Schwimmbades
oder auch bei der Skateanlage der Fall ist.
Es gehört auch dazu, gemeinsam mit den Korschenbroicher Vereinen nach
Lösungen zu suchen, wenn Schwierigkeiten auftauchen, die sie alleine nicht lösen
können, zum Beispiel bei der Frage eines geeigneten Veranstaltungssaals in
Korschenbroich.
Vereine und ehrenamtliches Engagement sind mehr als eine Nebensache und
deshalb müssen und werden wir auch bei größten Schwierigkeiten und trotz vieler
Herausforderungen im Bereich der Pflichtaufgaben weiter Sorge dafür tragen, dass
die gute Struktur, die wir in diesem Bereich in Korschenbroich haben, erhalten bleibt.
Politik ist eben mehr als Zahlen auszuwerten und auf die Einhaltung von Vorschriften
zu pochen.
Für uns sind städtische Mitarbeitende mehr als ein Kostenfaktor, bei dem man
einfach den Rotstift ansetzt, ehrenamtlich Engagierte mehr, als Leute, die sich die
Langeweile in ihrer Freizeit vertreiben wollen
und öffentliche Einrichtungen mehr als Bau- und Unterhaltungskosten.
Für uns sind das alles – die Menschen und die Orte – das, was unsere Stadt
Korschenbroich ausmacht.
Dafür stehen wir als CDU ein und dafür werden wir uns auch in Zukunft einsetzen,
damit alle, die hier leben die Chance haben, ein persönlich grandioses Jahr in
unserer schönen Stadt zu erleben.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!